You are currently viewing Kurz-sichtig!

Kurz-sichtig!

Wir sammeln weiter Unterschriften für unsere „Pilot:innen„. Bald 2.000 haben wir schon bei #aufstehn. Jetzt haben wir auch eine Gemeinderatspetition gestartet. Damit tragen wir unser Anliegen direkt an die Politik heran, die mit ihren großflächigen Kürzungen im Sozialbereich die Verantwortung dafür trägt, dass dieses tolle Projekt vor dem Aus steht.

Meine Tochter Lisa ist – wie schon neulich geschrieben – eine der direkt von dieser Maßnahme betroffenen.

Wenn wir mindestens 500 Unterschriften erreichen, muss unsere Forderung im Petitionsausschuss des Gemeinderates behandelt werden. Die Hürde: Man braucht dafür einen Wohnsitz in Wien und die ID Austria, um sie online zu unterschreiben. Daher sammeln wir jetzt auch ganz klassisch: schriftlich und persönlich.

Bitte unterstützt uns alle, damit wir die notwendige Zahl möglichst bald erreichen.

Aber worum geht’s? Im Projekt P.I.L.O.T. arbeiten Menschen zwischen 14 und 30 Jahren mit Behinderung, die aktiv und selbstbestimmt an ihrer Zukunft mit dem Ziel, eine passende Beschäftigung im „ersten Arbeitsmarkt“ zu finden um so möglichst wenig auf sonstige Sozialleistungen angewiesen zu sein. Hier beschreiben sie ihre Situation selbst

Nun ist unser Projekt bei weitem nicht das einzige, be4i dem massiv gekürzt wird. Nicht gekürzt. Die Förderung in höhe von 125.000€ wurde vollständig gestrichen!

Die österreichischen Medien – vom Kurier über den ORF bis zum Falter bringen – derzeit viele solcher Geschichten: die Suchthilfe Wien. das Amerlionghaus, die Gabarage oder auch Community Nurses in verschiedenen Bundesländern sind nur einige der mir persönlich bekannten Betroffenen. Gemeinsam ist ihnen mit unserem Projekt P.I.L.O.T, dass es sich um private, zivilgesellschaftliche Institutionen handelt, die ehrenamtliches Engagement mit professioneller Arbeit so verbinden, dass sie letztlich und langfristig der Steuerzahler*in mehr bringen und weniger kosten als die staatlich voll finanzierte Betreuung ohne Aussicht auf eine echte (und bezahlte) teilhabe an der Gesellschaft. Von einem „Angriff auf den Sozialstaat“ schrieb Nina Horaczek neulich im Falter.

Aber kurzfristig erfüllen wir so den angeblichen „Sparzwang“. Peter Michael Lingens schreibt praktisch wöchentlich im Falter darüber, warum ein solcher Sparkurs ins „Fiasko“ führt. „Dem Wirtschaftskreislauf durch Sparen ständig Geld zu entziehen, schwächt ihn und kann zum Kollaps führen, weil nicht stimmt, dass mehr Gespartes mehr Investitionen bewirkt“, schreibt Lingens. Und solche Kürzungen gehen weit über den Sozialbereich hinaus: neben den Schwächsten unserer Gesellschaft trifft es den Kulturbereich und auch hier wieder den, der zum größten Teil auf dem unbezahlten Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger beruht.

Und selbst der Wiener Sozialstadtrat Hacker, der die Kürzungen beim Fonds Soziales Wien letztlich zu verantworten hat. bezeichnet die sogenannten Maastricht-Kriterien, deren Einhaltung diesen Sparzwang erst erfordern, als idiotisch und möchte sie in der „Mottenkiste“ entsorgen. „Das macht man nur, wenn man will, dass sich der öffentliche Sektor zurückzieht“

Hacker weist dabei auch darauf hin, die angeblich dringend erforderliche Aufrüstung wurden die Maastricht Kriterien dagegen aufgehoben, weil dieses Konjunkturprogramm für die vor allem amerikanische Rüstungsindustrie angeblich alternativlos sei. Und sein Parteikollege, Finanzminister „Marterbauer weiß das. Er hat sich geopfert, um das Schlimmste – extremes Sparen – abzuwenden“, schreibt Lingens. „Die FPÖ, die alles noch viel schlechter machte, braucht nur abzuwarten.“

Genau darauf hat schon vor einem halben Jahr Rudolf Scholten in einem Beitrag für den österreichischen Club of Rome hingewiesen: „Wenn es nicht gelingt, diese Tendenz umzukehren, verlieren wir den Konsens für eine demokratische, liberale Gesellschaft, weil der Anspruch „das Recht muss der Politik folgen“ alle Sicherheiten hinfällig macht.“

Und Katy Shields hat uns neulich auf LinkedIn auf einen Blog-Beitrag von Maria Markantoniatou hingewiesen, in dem sie mit Bezug auf den österreichisch-ungarischen Ökonomen Karl Polanyi historisch erklärt, wie eine Austeritätspolitik Faschismus herauf beschwört.

„Polanyi shows how austerity contributed to social breakdown and authoritarianism, blocking democratic and socialist alternatives. He offers a starting point to critique today’s fiscal adjustment programs – their ideological pattern, historical roots, and devastating impact on democrac.“, schreibt Markantoniatou.

Was wir aktuell erleben ist ökonomisch, gesellschaftlich und politisch kurz-sichtig.

Ich habe aber einen Traum: Was wäre, wenn sich alle von den Kürzungen Betroffenen, Behinderte, ihre Angehörigen und Betreuende, Kulturschaffende und ihr Publikum, Friedensaktivist:innen, Umweltbewegte, Interessensvertreter:innen und alle, die sich dafür stark machen, gemeinsam auf den Weg machten um diesen Kürzungen in allen Bereichen der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge zugunsten der militärischen Aufrüstung entgegen zu treten? Let’s go for it!

Schreibe einen Kommentar