Als ich mich vor fast 10 Jahren privat auf der Suche nach einer Partnerin für den Rest meines Lebens bei einem gängigen Onlineportal anmelden wollte, wurde ich nach meinem Beruf gefragt. Zunächst schrieb ich wahrheitsgemäß „Geschäftsführer“ („meines“ damals noch existierenden Nachhaltigkeitsforschungsinstituts SERI). Für diesen sehr privaten Zweck sah das aber schon ziemlich blöd aus, kam doch der Beruf im Profil ganz prominent gleich nach dem Namen:
Fritz (56) Geschäftsführer.
Normalerweise, wenn ich zum Beispiel in einem Hotel den Meldezettel ausfülle schreibe ich einfach „Forscher“. Aber in diesem Fall…
Fritz (56) Forscher
… fand ich dann auch nicht passend. Irgendwann fiel mir dann ein:
Fritz (56) Weltverbesserer.
So verstehe ich mich am liebsten. Mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln, die Welt ein wenig zu verbessern (im ganz kleinen ebenso wie im Großen!). Mit dieser Beschreibung habe ich dann vor mehr als 7 Jahren schließlich meine Liebste gefunden. Aber darüber wollte ich heute garnicht schreiben – nur die Überschrift dieses Beitrags erklären.
„Im ganz kleinen ebenso wie im Großen“ hab ich oben geschrieben. Da liegt vieles dazwischen. Das eigene Wohnumfeld zum Beispiel, eine Region, Österreich, die EU – zum Beispiel. Aber wie geht das: das eigene Wohnumfeld, eine Region, Österreich oder die EU zu verbessern. Und überhaupt, was ist „besser“?
Da muss, nein möchte, ich jetzt noch einmal etwas ausholen. Auf den ersten Blick sollte das für einen „Nachhaltigkeitsforscher“ ja klar sein. „Besser“ heisst „nachhaltiger“. Und auch wenn mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ ziemlich viel Schindluder getrieben wird, gibt es doch spätestens seit Anfang dieses Jahrzehnts einen wissenschaftlich einigermaßen abgesicherten Konsens. Wir brauchen „Klimaneutralität“, woraus sich recht klar ableiten lässt, was rein rechnerisch besser ist und was schlechter als der aktuelle Zustand und auch, ob das, was wir tun, wir auf einem Pfad liegt, der bis 2040 (so stehst im österreichischen Regierungsprogramm), bis 2050 (so will es der „europäische grüne Deal„) oder 2060 (wie es sich die Volksrepublik China vorgenommen hat) dazu führt, dass nicht mehr Treibhausgase emittiert werden, als Böden, Wälder und Ozeane aufnehmen können (genauer hier).
Vor ca. 4 Jahren, nach dem Tod des schon erwähnten Nachhaltigkeitsforschungsinstituts SERI (hier ein Link zu unserer alten, leider gehackten Website), sprach ich mit meinem früheren Chef, Mentor und Freund Ernst Weizsäcker darüber, dass ich mich in Zukunft noch stärker als bisher mit dem Thema „Indikatoren“ beschäftigen möchte, also wie man letztlich misst, ob wir unseren Zielen näher kommen. Zu meiner Überraschung fragte mich Ernst damals, warum ich mich denn damit beschäftigen würde und nicht gleich – gewissermaßen direkt – mit der (jetzt in meinen Worten) Verbesserung der Welt. Und einen weiteren Anstoß gab, ohne es zu wissen, mein Freund Georg Gratzer, der mir von gemeinsam mit Künstlern initiierten Prozessen vorschwärmte, in denen die Teilnehmer*innen für sich Visionen für eine bessere Zukunft entwickeln. Solche Projekte würde er gerne machen.
So habe ich mich gefragt, wie diese Themen eigentlich zusammen hängen, und (für mich) entdeckt, dass Indikatoren nur dann von Menschen, Gemein- und Gesellschaften angenommen und damit angewendet werden, wenn sie messen, inwieweit sie ihre eigenen Ziele erreichen. Umgekehrt haben Ziele dann eine größere Chance auch erreicht zu werden, wenn auch von zeit zu Zeit überprüft wird, inwieweit das jeweils schon der Fall ist. Mit anderen Worten: wir brauchen nicht irgendwelche Indikatoren sondern welche, die sich die Menschen zu eigen machen.
In Gruppen, Regionen oder Gebietskörperschaften (Ländern oder Staaten) geht es also darum, gemeinsam (Nachhaltigkeits-)Ziele zu entwickeln, und daraus Indikatoren abzuleiten. Das erhöht letztich auch die Chancen, die Welt wirklich zu verbessern und sich das nicht nur einzubilden bzw. vorzumachen. Dass Wissenschaft dabei eine wesentliche Rolle spielt, verstehe sich von selbst. Dass Wissenschaft aber die Ziele nicht vorgeben kann, ebenso.
So habe ich gemeinsam mit vielen Kolleg:innen begonnen, ein Prozedere zu entwickeln, wie Menschen sich gemeinsam auf einen solchen Weg machen können. Wir haben das unter anderem mit Studierenden an der Universität Salzburg, im Salzkammergut und auf nationaler Ebene mit österreichischen Stakeholdern getestet mit dem Ziel, Menschen, die wir damit erreichen, zu unterstützen, gemeinsam für sich und andere die Welt in Richtung Nachhaltigkeit zu verbessern. Beide Projekte sind noch mehr als jeweils einen ganzen Beitrag wert – versprochen. Wobei mir auch klar ist, dass es so etwas wie umverhandelbare Ziele (und demnach auch Indikatoren) geben muss, wie etwa die Verhinderung einer sich weiter vertiefenden Klimakrise, umfassend verstandene Menschenrechte und jedenfalls ein gutes Leben für alle.
Von meiner früheren Kollegin und Handwerksforscherin Christine Ax (mit der ich vor auch schon wieder mehr als 10 Jahren das heute nur mehr gebraucht erhältliche Buch „Wachstumswahn“ geschrieben habe) habe ich gelernt, dass (gutes) Handwerk bedeutet, zu „üben“, etwas über die Jahre immer besser zu machen – also nicht nur die Welt sondern auch sich selbst und seine Arbeit. Es geht also nicht nur darum, etwas neues zu erforschen (das haben wir in den oben erwähnten Projekten ja vielleicht schon hinreichend getan), sondern es zu vertiefen, verbreiten und dabei zu verbessern.
Und genau das habe ich jetzt vor. Unsere Ideen weiter zu entwickeln, zu verbessern – und damit Beiträge zu leisten unsere Welt, von der wir grade nicht den Eindruck haben, sie entwickle sich zum guten, doch ein wenig weiter zu verbessern. Konkreter wird’s heute nicht mehr. Aber genau daran arbeite ich gerade und auch über das absehbare Ende meiner Berufstätigkeit am Ende diesen Jahres hinaus.