Das waren zwei sehr interessante und gleichzeitig berührende Tage in Brüssel. Spürbar war an beiden Tagen sowohl eine aufgrund der weltpolitischen Lage bedrückte aber gleichzeitig auch konstruktive, nach vorne blickende Stimmung. Es begann am 7. November, dem Tag 1 nach der wohl vorläufig endgültigen Zeitenwende in Amerika und anderswo mit meiner Teilnahme an der Jahrestagung der „Partners for a New Economy„, die passenderweise unter dem Motto „Tipping Points in a shifting Political Landscape“ stand und die man noch bis 8. Dezember hier nachschauen kann.
Partners for a New Economy is an international philanthropic fund focused on transforming our economy for nature and all people to flourish. We were founded in 2015 by the MAVA, Oak, Marisla and KR Foundations, to address the root causes of environmental degradation that lie within our economic system. The partnership has now grown to include Ford Foundations and Omidyar Network.
https://p4ne.org
Ein kleinerer Teil unserer Arbeit an „Earth4All Austria“ wurde indirekt über den internationalen Club of Rome von P4NE gefördert. Das jährliche Treffen ist ein Networking Event mit sehr tiefgegenden Key Notes und Panels. Jayati Ghosh, Club of Rome-Mitglied aus Indien, die mit uns und Ernst Weizsäcker vor 2 Jahren den Bericht „Earth4All“ erstmals in Ôsterreich vorgestellt hat, sprach ganz einfach von „lots of bad news“ – neben der Klimakatastrophe, den Kriegen in der Welt und aktuell vor allem das Wahlergebnis in den USA und das Ende der Ampelkoalition in Deutschland. Wir müssen uns aber die Frage stellen, warum sich die Lage für unsere Anliegen in relativ kurzer Zeit so stark gedreht hat.
„We have lost the working class for whom we thought have been working“.
Jayati Gosh
Aber die Wahrheit war vorher schon hart, sagt Gosh. „We should not celebrate the lesser evil as victory“ hatte zuvor schon Lorenzo Fioramonti gemeint. Fioramonti, ist ein Mit-Erfinder der wellbeing economy und “durch Zufall“ wie er sagt, ehemaliger Minister für Unterricht, Universitäten und Forschung in Italien.
„We should not accept the lesser evil as victory!”
Lorenzo Fioramonti
Und an die die vorwiegend anwesenden NGOs gerichtet:
“What is different today from the 80ies: We don’t to politics. Our opponents do politics.”
Lorenzo Fioramonti
Jetzt möchte ich schon hinzufügen, dass wir das Erreichte ruhig feiern sollten. „Wir“ haben sehr viel erreicht in den letzten 50 Jahren. Aber von einem „Sieg“ sind wir noch weit entfernt. „We should take stock and ask whether that is sufficient” , sagt Fioramonti. Die Gegner seien dafür auch besser organisiert. We have to do more! sagte Gosh und praktisch alle Speaker und Panelisten unisono und meinten damit nicht „die Politik“ oder andere sondern uns, die (internationale) Zivilgesellschaft. Wie können wir auf die eingehen, die wir verloren haben? „People say: ‚this is not for us!’“, meint Sasha Josette, vom European Community Organizing Network. Worauf es dabei ankomme sei „to ensure that we share political strategies and alignment.“ “Find common ground and new companions and search for the noncontroversial essence.”
Dafür werde ein systemisch Ansatz gebraucht, womit wir wieder beim Club of Rome wären. Aber davon in einem eigenen Beitrag. Von vielen gefordert wurde eine Streichung von Schulden der ärmsten Länder, die ja auch im Bericht Earth4All eine wichtige Rolle spielt. Wichtg wäre dafür eine “Coalition of good willing countries around the world”. Und: „One of the most important things would be a reform of the tax system by a coopersation of willing countries, in which everybody would gain (except big international companies and very rich persons, ie ‚centibilionaires‘)“.
Kerstin Dunlop, CEO von Climate-KIC und ebenfalls Club of Rome Mitglied, spricht von “European unity for diversity” und mit Verweis auf die aktuell 120 NetZero Mission Cities über entsprechende design priciples.
Am Nachmittag gab es dann noch eine Session über strategische Kommunikation mit dem provokativen Titel . Die message Peter Lykke Lind vom Global Strategic Communications Council war: man sollte versuchen, dem Thema „Klima“ ganz auszuweichen, wenn man etwas dafür tun möchte. Er brachte ein Beispiel aus Dänemark, in dem es darum ging dass eine CO2 Steuer eingeführt werden sollte. Sie haben zunächst recherchiert, wo die stärksten Gegner dafür zu erwarten sind. In Dänemark ist die Landwirtschaft der zentrale Sektor. Dieser ist auch emotional sehr in der Bevölkerung verankert, auch wenn es sich um total industrialisierte Produktionsmethoden handelt, die dort vorherrschen.
Im nächsten Schritt haben sie sich angeschaut, welche Partei damit politisch erreicht werden sollte. Das waren in diesem Fall die Sozialdemokraten, weil diese die größten Möglichkeiten hätte, in einer künftigen Koalition zu sein. Dann haben sie gefragt, welche Themen für die Zielgruppe am meisten zählen. Es waren dann nicht die Emissionen sondern das Thema Wasser.
In der Kampagne ging es dann um die Verschmutzung des Wassers (auch an den Küsten), die durch die intensive Landwirtschaft verursacht wird. Eine CO2 Steuer wurde als stärkste Hebel dafür identifiziert und so ist es gelungen, diese auch durchzusetzen.