Zweiter Teil meines (Welt-)Kriegs-Tagebuchs.
Ich muss zugeben: angesichts der Weltlage fällt es mir schwer, mich mit dem Thema „Ressourcenverbrauch durch Waffen“ zu beschäftigen. Ist das nicht angesichts der Tatsache, das immer mehr von einen 3.Weltkrieg sprechen, ein Nebenthema? Jetzt komm‘ ich doch wieder darauf zurück. Denn einige Erkenntnisse hab ich schon gewonnen.
„Ja, mit dem Footprint von Kriegen hab ich mich beschäftigt und kann dir gerne meine Erkenntnisse dazu mitteilen“, schreibt mir Wolfgang Pekny, für mich DER Auskenner zum Thema Footprint in Österreich, auf meine Anfrage. „Insgesamt finde ich das aktuell aber alles nachrangig.“ Er beschäftige sich immer weniger mit dem quantitativen Erfassen der Wirkung auf die Welt. „Wozu, wenn doch politische Entscheidungen ohnehin irrational sind.

Denn während die biophysikalischen Rahmenbedingungen natürlich weiterhin von zentraler Bedeutung bleiben, drehen sich die aktuellen Debatten nicht mehr um Overshoot, Klimawandel oder Meeresverschmutzung, sondern über die Rolle der KI, der unsozialen Netze, Quantencomputer oder der synthetische Biologie – dem Wahnsinn von Kriegen als diplomatisches Mittel und dem Versagen der klassischen demokratischen Instrumente in Anbetracht einer kollektiven Verblödung.“ Ja eh, aber interessant ist auch dieser Puzzle-Stein meiner aktuellen Beschäftigung zum Rohstoff-Konflikt-Nexus.
Mein erster Blog-Beitrag zu diesem Thema ist 10 Wochen alt. Und schon überholt. Die globalen Rüstungsausgaben haben sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Laut dem aktuellen Bericht des Friedensforschungsinsituts SIPRI von Ende April 2025 sind sie von 2023 auf 2024 noch einmal um 10% gestiegen. Auf mehr als 2,7 Billionen Dollar. Dieses Wachstum übersteigt das der Weltwirtschaft um das dreifache.
Und 10% mehr an Ausgaben bedeuten auch 10% mehr an Ressourcen, die uns diese Entwicklung kostet. Mindestens. Ich werde Wolfgang danach fragen. Und diese Waffen werden auch „gebraucht“. Seit 2020 hat es kein Jahr gegeben, in dem weniger als 20 Kriege geführt wurden, hat uns Thomas Roithner am Wochenende beim FriedensAttac-Workshop berichtet.
Der Global Resources Outlook des International Resource Panel der UNO beziffert die globale Ressourcenextraktion auf 106 Gigatonnen jährlich, auf denen die globale Wirtschaftsleistung (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) von 114 Billionen Dollar beruht. Im globalen Durchschnitt gilt also die Daumenregel:
1 Dollar (oder Euro) verursacht den Abbau bzw. die Ernte von 1 kg an Rohstoffen.
Macht also um die 2.500.000.000.000 kg Natur, die in einem Jahr von der Waffenproduktion bewegt werden.
Auf mein letztes Posting dieser Art hat mich Felix Girke auf einen drei Jahre alten Artikel in der NZZaufmerksam gemacht, wonach das Militär für fünf Prozent des weltweiten Treibhausgasausstosses verantwortlich ist. Das wäre doppelt so viel, wie seinem Anteil am BIP entspricht. Ich werde mich diesbezüglich auch einmal ans SIPRI wenden.
Saleem Ali hat mich auf das britische Conflict and Environment Observatory (CEOBS) hingewiesen, das seit sich 2018 vor allem mit den Umwelt-Schäden von Konflikten beschäftigt und dabei ganz aktuell auch schon mit den Auswirkungen des Kriegs im Iran. Im Mai veröffentlichte CEOBS ein Paper zum Beitrag des Militärs zur Klimakrise und beklagt darin (wie schon die NZZ) die Tatsache, dass einschlägige Daten dazu oft der Geheimhaltung unterliegen. Sie schätzen den jährlich zusätzlichen Ausstoß von Treibhausgasen durch den aktuell geplanten Anstieg der Militärbudgets allein in den NATO-Staaten ohne USA auf 100 bis 200 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.
Außerdem konnte ich Anfang Mai an einem „Teach In“-Webinar an der Universität in Delaware zum Thema Mining and Militarism teilnehmen – unter anderem
mit Julie Klinger, die in ihrem Buch „Rare Earth Frontiers“ darauf verweist, dass „die seltenen Erden, auf die wir am meisten angewiesen sind, sind so häufig wie Kupfer oder Blei“ und gleichzeitig oft eine eigene Art von Zirkularität aufweisen, nämlich dann, wenn Waffen, die damit produziert werden, am Ende dort eingesetzt werden, wo die Rohstoffe zu ihrem Bau extrahiert wurden. Ich habe sie schon deswegen kontaktiert, um zu sehen, welche ihrer Informationen ich weiter verwenden kann.
Entdeckt habe ich dabei den Aufsatz von Joseph Hupy „The Environmental Footprint of War“, der drei Typen von „environmental disturbances associated with war“ unterscheidet:
(1) Environmental disturbance and destruction from weaponry.
(2) Direct consumption of resources such as timber, water and food to support armies sowie
(3) Indirect consumption of resources by military industrial complexes that supply the war effort“.
„Wie jede Ökobilanz ist auch jene von ‚Waffen und Krieg‘ immer relativ zu den Opportunitätskosten zu sehen“, sagt Wolfgang Pekny. „Ein Windpark z.B braucht viele Ressourcen und auch viel Energie, aber schon nach etwa einem Jahr hat sich das Allermeiste ökobilanziell ‚amortisiert‘.“ „Und Waffen?“, frag ich ihn. „Auch bei Rüstung geht es nicht nur um eine Quantifizierung der Aufwendungen (Geld und Ressourcen) und deren mögliche Folgen (Zerstörung und Bedarf an Wiederaufbau) sondern eben auch um den Nutzen eines funktionierenden Militärapparates.“
Vor zwei Wochen war der Peruaner Javier Jahnke in Wien. Javier vertritt dabei das lateinamerikaweite Kirchennetzwerk Iglesias y Minería, das – unter anderem unterstützt von der Dreikönigskation der Katholischen Jungschar – seit 2020 mit einer Kampagne zu Divestment aus zerstörerischen Bergbauprojekten aufruft. Bisher geht es dabei vor allem um Rohstoffe wie Lithium, Cobalt oder Kupfer, die im globalen Norden für die Energietransition im globalen Norden gebraucht werden.


Mehr und mehr rückt aber auch für Iglesias y Minería Javier hat dabei auch erwähnt, dass sie sich in Zukunft speziell auch Rohstoffe für die Rüstung anschauen werden (der Besuch wurde übrigens auch in einem Beitrag der ORF-Sendung Orientierung vom 8.6.2025 dokumentiert).
Als nächstes beschäftige ich mich wieder weiter damit, ob und ggf. wie wir unsere äußere Sicherheit auch mit weniger Waffen organisieren können. Es bleibt spannend!